Wie seid ihr drauf gekommen, Lebensmittel zu retten?
Vera: Ich finde alle Projekte gegen Foodwaste sehr sinnvoll und will sie unterstützen. Zudem kaufe ich nicht gerne in grossen Läden ein. Später stellte ich fest, dass sich auf diese Art auch sehr viel Geld sparen lässt, was meine Motivation zusätzlich verstärkt hat. Als Studentin hat das schon einen Einfluss auf das Budget.
Iris: Ich habe das ähnlich erlebt, erkenne aber die zusätzliche Motivation, die sich erst mit der Zeit eingestellt hat. Das Abholen von Lebensmitteln bei ChabisChäs gibt mir ein gutes Gefühl und beruhigt mein Gewissen. In den grossen Läden stelle ich oft einen respektlosen Umgang mit den Lebensmitteln fest. Ich stelle fest, dass viele Leute nur das Schönste, Grösste und Beste auswählen oder mit dem riesigen Angebot nicht zufrieden sind. Mit der Möglichkeit, Lebensmittel zu kaufen, die sonst durch die Maschen fallen, kann ich auf einfache Art einen Beitrag gegen Foodwaste leisten.
Deckt ihr den ganzen Bedarf an Lebensmitteln über Projekte wie ChabisChäs, TooGoodToGo oder ähnliche?
(ChabisChäs ist ein Stand an der Zeughausstrasse in Uster, wo gerettete Lebensmittel gegen eine kleine Gebühr weitergegeben werden)
Beide: Nein, das geht nicht! Viele Lebensmittel wie Teigwaren, Reis, Öl, Butter, Essig, Gewürze, was eben länger haltbar ist, kaufen wir nach wie vor in anderen Läden ein. Manchmal ist das Angebot bei ChabisChäs und Madame Frigo sehr mager oder einseitig, dann gehen wir anderswo einkaufen.
Nehmt ihr manchmal auch zu viele Lebensmittel mit, weil ihr hofft, diese noch weiterverwenden oder verschenken zu können?
Iris: Wir achten darauf, dass wir diese Lebensmittel in der WG innerhalb nützlicher Frist selber brauchen können. Bei Lebensmitteln, die für die Vorratshaltung eingemacht werden können, nehmen wir manchmal mehr mit nach Hause, als wir essen mögen. Wir frieren Gemüse oder Früchte ein, machen Confi oder dörren die Sachen im Dörrex.
Vera: Zu Beginn liess ich mich eher hinreissen, mehr mitzunehmen, als ich essen und verarbeiten konnte und informierte per WhatsApp meinen Kollegenkreis. Das hat sich für mich nicht bewährt, ich kam unter Druck, alles irgendwie los zu werden, was mir nicht gelang. Heute bin ich zurückhaltender mit der Menge, die ich mitnehme. Ich habe in dieser Zeit aber auch sehr viel übers Einmachen von Gemüse gelernt. Wenn ich dort bin und etwas sehe, das ich einmachen könnte, nehme ich es manchmal nur zu diesem Zweck mit. Oft braucht es etwas Mut, Neues auszuprobieren und Kreativität, ungewohnte Kombinationen zu wagen.
Ihr habt mich soeben mit einem köstlichen Gemüse-Linsen-Curry nach thailändischer Art verwöhnt. Gehe ich richtig in der Annahme, dass es nicht das erste Mal ist, dass ihr so etwas gekocht habt?
Iris: Ja, wir kochen selten nach Kochbuch und lassen uns von dem inspirieren, was wir im Kühlschrank haben. Da bieten sich Menüs wie dieses Curry natürlich an. Auch Ofengemüse, wo alles Gemüse in Schnitze geschnitten, mit Öl bepinselt, gewürzt und im Ofen überbacken wird, ist ein Klassiker.
Vera: Oft gibt es auch Tomatensauce mit verschiedenem Gemüse angereichert, die wir dann zu Pasta essen oder für eine Lasagne brauchen. Chrüsimüsi-Salat, ein erfrischendes Taboulé oder Teigwarensalat ist im Sommer angesagt, im Winter eher Suppen aller Art. An Ideen und Kreativität fehlt es uns nicht!
Iris: Manchmal, wenn wir Besuch haben oder wenn wir auf etwas ganz Konkretes Lust haben, kochen wir nach Kochbuch und kaufen entsprechend ein. Normalerweise kochen wir nicht nach Kochbuch…
Vera: …und wenn ich bei ChabisChäs war, sowieso nicht, denn dann will ich brauchen, was ich geholt habe.
Wie organisiert ihr Euch, dass nicht plötzlich zu viele Lebensmittel in eurem Kühlschrank landen?
Iris: Wir geben einander per WhatsApp Bescheid, wenn wir planen, zu ChabisChäs zu gehen. So sind wir sicher, dass nicht plötzlich alle eine Tasche voll mit nach Hause nehmen – das ist uns nur einmal passiert…
Vera: Wir gehen immer zuerst zu ChabisChäs und erst dann in die anderen Läden, um Fehlendes zu ergänzen und unsere weiteren Einkäufe zu erledigen.
Habt ihr Tipps für interessierte Einsteigerinnen und Einsteiger?
Iris: Informiert Euch über die verschiedenen Angebote in eurer Wohn- oder Arbeitsumgebung. Bekannt sind «Madame Frigo», «TooGoodToGo» oder eben «ChabisChäs» in Uster. Schaut, welches Angebot am einfachsten in Euren Tagesablauf passt, es darf nicht aufwändig sein, wenn man länger dran bleiben will. Bei uns trifft das bei «ChabisChäs» zu.
Vera: Die abgeholten Lebensmittel sofort kontrollieren, ob sie wirklich noch einwandfrei sind. Sonst entweder sofort entsorgen, aussortieren oder rüsten. Und dann bald essen, tiefkühlen oder weiterverarbeiten.
Iris: Wir verstauen fast alles im Kühlschrank, auch Früchte, die man eher in eine Früchteschale legen würde. Sehr reife Früchte ziehen sonst Fruchtfliegen an und werden schnell überreif.
Beide: Seid mutig und kreativ!
Zum Abschluss wird mir von Iris und Vera eine Zwetschgenwähe serviert, die ohne gerettete Zwetschgen nicht gebacken worden wäre – geniessen wir also diese süsse Nebenwirkung. Vielen Dank!